Das Prinzip Seychellen
VON KARIN SCHUMANN
Vielen gelten die Seychellen als Synonym für abgehobenen Luxus, als Jetset-Refugium, als Reiseziel der Reichen und Schönen. So wie North Island, wo David und Victoria Beckham gerade ihren zehnten Hochzeitstag feierten, oder wie Frégate Island. Hier entspannte sich Microsoft-Gründer Bill Gates, hier sonnte sich Ex-Model Claudia Schiffer, hier verbrachte Ex-Beatle Paul McCartney mit seiner damaligen Frau Heather Mills die Flitterwochen.
Traumhotels zu Traumpreisen an hochgelobten Robinson-Stränden, die der Werbung gern als Kulisse dienen. Aber wer weiß schon, dass es unter den 115 Seychellen-Inseln neben 74 flachen Korallen- auch 41 Bergeilande gibt? Wer würde vermuten, dass nur 21 Inseln bewohnt sind und 17 touristisch genutzt werden? Und wer würde denken, dass die Inselgruppe ein Vorreiter in Sachen Ökotourismus ist?
Tatsächlich gibt es auf den Seychellen inzwischen mehr als nur Luxusherbergen, für Otto Normalurlau-ber stehen auch günstige Gäste und Ferienhäuser bereit. Und viele Touristen zieht es nicht nur an die Strände, sondern immer öfter auch in die üppig-grüne Tropennatur bis hinauf in die Berge. Schließlich stehen fast 60 Prozent der Seychellen unter Naturschutz, die Regierung kümmert sich intensiv um „grüne“ Themen und ist an Ökotouristen, die ein Herz für Natur und Umwelt haben, sehr interessiert.
Zweimal Unesco-Weltnaturerbe
Ein Pionier auf diesem Gebiet ist ein Deutsche, die schon fast die Hälfte ihres Lebens auf den Seychellen wohnt: Frauke Fleischer-Dogley. Die Gartenbauingenieurin aus Thüringen kam 1990 auf die Inseln im Indischen Ozean weit vor Ostafrikas Küste. Dort war sie zunächst verantwortlich für den Nationalpark Morne Seychellois, dann Direktorin im Ministerium für Tourismus und später Präsidentin des Seychellen-Ökotourismus.
Obwohl die Seychellen nicht gerade zu den reichen Ländern dieser Erde gehören, haben sie dem Massentourismus bisher entsagt, sorgen Bauvorschriften sowie Auflagen für Abwasser- und Müllentsorgung dafür, dass die natürlichen Schätze der Inselwelt geschützt werden, engagieren sich Hotels wie das „Hilton“ mit Baumpflanzaktionen und das „Banyan Tree“ mit Meeresschildkröten-Eiablage-Programmen für die Umwelt. Eine Statistik, die Ende 2008, dem internationalen Jahr des Riffes, vorgelegt wurde, bestätigt den Erfolg all der Bemühungen. Danach hat sich vor allem der Zustand der Korallenbänke rund um die Seychellen im vergangenen Jahrzehnt wesentlich verbessert. Deutliches Zeichen also, dass es den Insulanern ernst mit dem Umweltschutz ist.
Paradies für Vogelkundler
Angefangen hat die ökologische Idee auf den Seychellen schon vor der Unabhängigkeit 1976 mit der Ernennung des Aldabra-Atolls zum Naturreservat durch die Londoner Royal Society. 1982 wurde sie Unesco-Welterbe. Zwar liegt die Inselgruppe 1000 Kilometer südlich der Hauptinsel Mahé und wird nur zeitweise von Wissenschaftlern und relativ selten von Touristen besucht.
Doch selbst die wenigen, die sich mit kleinen Maschinen einfliegen lassen oder per Yacht anlanden, müssen strikte Regeln beachten, um Aldabras Flora und Fauna nicht zu stören oder gar zu zerstören. Immerhin leben mehr als 100 000 große Landschildkröten auf dem Atoll. Das sind – so Frauke Fleischer- Dogley mit Nachdruck – mehr als auf den Galapagosinseln.
Und dann die Fregattvögel, die Rotfußtölpel und die Aldabra-Rallen – ein Paradies für Vogelkundler. Leichter lässt sich auf Denis Island Kontakt mit der Natur aufnehmen. Das einsame Inselchen, 90 Kilometer von Mahé entfernt, bietet Urlaubern Robinson-Gefühle in einem komfortablen Resort. Die inseleigene kleine Farm mit Kühen, Schweinen und Hühnern, mit Gemüse-, Obst und Kräutergarten, liefert dem Hotel frische Bioprodukte. Außerdem leben da noch zwei Dutzend dieser riesigen Landschildkröten, für die die Seychellen berühmt sind. Eine der ältesten unter ihnen ist Clara, eine neugierige 90-Jährige, die gern Extratouren zu den Gästebungalows macht, wo sie auf ein Salatblatt hofft. Denis – ein gelungenes Beispiel für Ökotourismus.
Noch konsequenter wird der auf North Island praktiziert. In Reisekatalogen findet sich das Inselchen rund 35 Kilometer westlich von Mahé als Standort eines Luxusresorts mit elf Villen. Ganz billig ist ein Aufenthalt dort also nicht. Die wenigsten Gäste wissen allerdings, dass sie durch ihren Besuch das ehrgeizige Renaturisierungsprogramm der Insel finanziell unterstützen. Von den Briten lange als Kopraplantage genutzt, hatten sich auf North Island so viele importierte Pflanzen und Tiere ausgebreitet, dass die einheimische Natur mehr und mehr verdrängt wurde. Schließlich entwickelten Ökologen das Arche-Noah-Konzept, um der endemischen Flora und Fauna eine neue Chance zu geben und alle eingeschleppten Pflanzen und Tiere allmählich zu beseitigen. Ein Vorhaben, bei dem Wissenschaftler aus aller Welt helfen, vor allem aber die belgische Zoologin Linda Vanherck, die als Environmental Officer auf North Island arbeitet.
Erfolge im nachhaltigen Tourismus
Sie ist es auch, die Gäste über die Insel führt und erklärt, wie umweltfreundlich das Resort gebaut ist, wie Müll entsorgt, Wasser gespart und Abwasser recycelt wird. Sie macht auf den einheimischen Takamaka-Baum und die Seychellen-Palme mit der berühmten Coco-de-Mer-Nuss aufmerksam und weiß, wo die 35 Riesenschildkröten und der stark gefährdete Seychellen-Brillenvogel zu finden sind. North Island, eine besonders erfolgreiche Geschichte in Sachen naturnaher, nachhaltiger Tourismus. Einen riesigen Wald mit Cocode-Mer-Palmen, deren Riesennuss sogar den Einreisestempel am Flughafen auf Mahé ziert, gibt es allerdings nur auf der Insel Praslin. Er ist das zweite Projekt, für das Frauke Fleischer-Dogley verantwortlich zeichnet: ein romantisches Tal mit Wasserfällen, fliegenden Hunden, schwarzen Papageien, vor allem jedoch mit den einmaligen Palmen, deren Nüsse in Po-Form 15 bis 20 Kilogramm Gewicht erreichen. Ihretwegen wurde das Tal schon 1966 unter Naturschutz gestellt und 1983 zum Unesco-Welterbe erklärt. Viele der charaktervollen Bäume sind zwanzig, dreißig Meter hoch und an die zweihundert Jahre alt – ein Wald aus rund 7000 stattlichen, einmaligen Palmen, ein geschütztes Areal mit Seltenheitswert, das zu herrlichen Wanderungen einlädt. Der „normale“ Dschungel der Insel nimmt sich weit weniger spektakulär aus und ist doch ein wunderschöner, interessanter Garten Eden. Folgt man dem Vorschlag von Frauke Fleischer-Dogley, findet sich auf Praslins verschwiegenem Glacis-Noir-Pfad noch besonders unberührter, intakter Urwald. Das Gute daran: Es gibt keine gefährlichen Schlangen und Insekten auf den Seychellen. Und obendrein sieht man auf solchen Ausflügen endlich einmal, wie Mangos, Papayas und Brotfrucht wachsen, wo Vanille, Zimt, Pfeffer, Ingwer, Zitronengras und der besondere Vier-Gewürze-Baum sprießen, dessen pulverisierte Blätter auf wundersame Weise den Geschmack von Pfeffer, Muskatnuss, Nelke und Zimt vereinen und als Gewürz unerlässlich für die kreolische Küche der Seychellen sind. Nicht weniger grün, nicht weniger naturbelassen, nicht weniger einladend für Urwaldwanderungen ist die Nachbarinsel La Digue. Ihr Beitrag zum Ökotourismus besteht aus einem kleinen Vogelreservat und dem Verbot für motorisierte Gefährte. Wer also von hier nach dort möchte, nimmt das Fahrrad, das Ochsenkarrentaxi oder die Füße. Das schont die Umwelt und gibt diesem Inselchen sein ganz besonderes Flair. Seinen Ruhm verdankt es jedoch vor allem der Anse La Source d’Argent, einer viel gepriesenen, fotografierten und gefilmten Bucht, deren dekorative Granitfelsen wir aus der Werbung kennen. Ein romantischer Strand, der hält, was die Bilder versprechen: Denn letztlich sind es eben doch immer noch die Strände und das Meer, die Urlauber auf die Seychellen locken.
Allgemeine Informationen Seychellen
Anreise
- Mit Condor (www.condor.com) jeden Freitag direkt von Frankfurt
- Mit Air Seychelles (www.airseychelles.de) täglich außer mittwochs und samstags ab Paris mit Air-France-Zubringern ab Deutschland und sonntags direkt ab Frankfurt
- Qatar Airways (www.qatarairways.com) von Berlin-Tegel über Doha nach Mahé.
Einreise
- Ein gültiger Reisepass und ein Rückflugticket genügen.
Gesundheit
- Es sind keine Impfungen vorgeschrieben, empfohlen werden jedoch Standardimpfungen nach dem deutschen Impfkalender, speziell Tetanus, Diphtherie, außerdem Hepatitis A. Die Inseln sind malariafrei.
Angebote für Reisen auf die Seychellen
- Karawane Reisen bietet Insel-Hopping (Mahé, Praslin, La Digue) ab/bis Mahé ab 1119 Euro pro Person inklusive sechs Übernachtungen mit Frühstück und Bustransfer an. Eine 14-Tage-Reise inklusive Flug kostet ab circa 2500 Euro pro Person (G07141/28 48 0, www.karawane.de).
Unterkünfte
- Günstig: Indian Ocean Lodge an der Westküste von Praslin, Doppelzimmer ab 185 Euro mit Frühstück Luxus: „North Island“, Villa ab 1745 Euro pro Person all-inclusive
- Hilton Seychelles Northolme Resort auf Mahé an der Beau Vallon Bay, Villa ab 544 Euro pro Nacht inklusive Frühstück
- New Emerald Cove auf Praslin, nur per Boot zu erreichen, Doppelzimmer ab 303 Euro inklusive Halbpension
- La Digue Island Lodge Chalets mit Palmblattdächern, Chalet ab 296 Euro mit Halbpension
Auskunft
Seychelles Tourist Office
Frankfurt, G069/29 72 07 89,
Karin Schumann